In einer Bar in Assisi lädt uns Maria zu einem Frühstück mit Toast, Cappu und einen Pago ein. Sofort fällt mir auf, wie überaus aufmerksam die Betreuung durch den Barista ausfällt; Extrawünsche werden als Herausforderung gesehen, statt als Zumutung, die Musik wird sofort leiser gestellt, als Maria sich über die Lautstärke nur in einer kleinen Geste mokiert. Sonja hat auch ein Schuhproblem, sie benötigt noch "franziskanische" Sandalen, die anders als in meiner Vorstellung, nicht an alle Anwärterinnen beim Eintritt ins Kloster ausgegeben werden. Auch hier wieder sofort ein Tip vom Barbesitzer, ein Geschäft in der Nähe der Porta Capucchini. Das nächste Mal pilgere ich in blauäugiger weiblicher Begleitung, sogar die Jäger aus Montalone würden vermutlich einen mit uns heben.
Addio! |
Doch weit mehr bewegt mich ein kurzer Moment, ein fragender Blick von Sonja, umgeben von Kartons und Schuhwerk. Sie hat sich eben die x-te Sandale des klaglos immer weitere Modelle anschleppenden Verkäufers über die bloßen Füße gezogen. Ihr "Wie würden Dir die gefallen" beziehe ich kurzzeitig nicht nur aufs Schuhwerk, bevor ich schlucke und mit einem unverbindlichen "nett" antworte.
Es ist schon nach Mittag, als wir am Kapuziner-Tor unseren tränenreichen Abschied feiern. Ich muss mich losreißen, denn der Weg bis Spello hat neben 16km noch den Monte Subasio auf dem Plan. Das Bild von Mutter und Tochter, dem schlaflosen Pilger aus dem geliebten Assisi nachwinkend, werde ich nie vergessen, in der kurzen Zeit waren wir wahre Freunde.
letzter Blick auf Assisi |
Als ich kurz vor dem Gipfel eine Dreiergruppe ausmache, gebe ich nochmals Gas und erreiche zusammen mit den Ausflüglern den Gipfel. Die Wallfahrer aus Rovaniemi sind Teilnehmer des Jugendtreffs, den ich schon in La Verna erlebt habe, sie wundern sich etwas über den rasenden Pellegrino mit dem roten Rucksack. Wir wünschen uns noch "pace e bene", wobei mir Ähnlichkeiten in finnischer und bayrischer Aussprache des Franziskanischen Grußes auffallen. Während die Finnen wieder zurück nach Assisi aufbrechen, mache ich mich auf den Weg nach Spello hinunter. Der von Kees beschriebene Abzweiger auf den CAI50 ist nicht zu finden und da es schon spät am Nachmittag ist, nehme ich die Schotterstraße, die sich in endlosen Bögen talwärts zieht. Die Szenerie kurz vor Spello ist mein allerliebstes Bild bisher - Mein heutiges Ziel im letzten Licht der versinkenden Sonne. Obwohl ich ein etwas mulmiges Gefühl ob der einsickernden Dunkelheit spüre, stehe ich 10 Minuten oberhalb der Olivengärten der Kooperative und bewundere diese Szene, die mir wie ein unvermutetes Geschenk erscheint.
Spello im letzten Abendlicht |
Im Convento der Suore Francescane Missionarie del Cuore Immacolato di Maria bekomme ich meinen Pilgerpass gestempelt und das Gästezimmer zugewiesen, meine Frage nach den Kosten wird fast empört abgewiesen - Pilger werden hier für Gotteslohn versorgt. Die Szenerie beim Abendessen ist etwas skurril, alle Schwestern (zwei jüngere betreuen altgediente Franziskanerinnen, die hier ihren geruhsamen Lebensabend verbringen) sitzen dicht gedrängt an einem Ende des Tisches, während ich alleine das andere ziere. Den köstlichen Weißwein würde ich am liebsten mit auf´s Zimmer nehmen, um mich über die Einsamkeit am Tisch hinwegzutrösten. Denn die Schwestern haben offenbar Kontaktsperre zu (männlichen?) Gästen. Zum Dessert (Ciambellini, auch sehr lecker in vino bianco, aber ich traue mich nicht) setzt sich die Leiterin des Klosters (sie hatte mich vorhin am Tor abgeholt) zu mir und fragt nach dem woher-wohin und ein wenig nach dem warum. Ich werde für den nächsten Tag zur Morgenandacht eingeladen und freundlich aber bestimmt in mein Pilgerbett geschickt. Seltsamer Zufall, dass viele meiner Vorurteile zum Klosterleben gerade heute so bestätigt werden.
Lieber Adam, sich für seinen Weg zu entscheiden ,erfordert viel Mut. Auch bei Sonja werden immer wieder Zweifel anklopfen, diese werden ihr helfen zu wachsen, sich zu erfahren, egal, wofür sie sich letztendlich entscheidet.
AntwortenLöschenUnd Leben ist Bewegung, du kannst dich immer neu entscheiden.
Wundervoller Ausblick, möge dich dieses Naturwunder tragen.. Mecki
und der Papst..
AntwortenLöschenDoch..
Das Schiff im Wolkenmeer,
dieses Naturwunder ist heute das, was auch mich anzieht, anspricht.
Ja, Adam, ich glaube wirklich Du hast da in Assisi etwas sehen dürfen, dem nicht jeder Mensch in seinem Leben begegnet.
Zumindest so offensichtlich und bewusst.
Selbstredend, es waren nur zwei, drei Menschen, zufällig, doch bei ihnen klang dein Thema nach der Führung im Leben, im Leben im Glauben, wie Wirken durch.
Wir alle treiben im großen Meer unseres Lebens, wie diese Stadt auf deinem Foto,
getragen von der Erde, zwischen den Wolken.
Ist ein solches Schiff zu steuern?
Dieses sicher nicht, oder nur der Geist, der in ihm wohnt. Oder sind es dann doch die Geister? Ist Dir in der Stadt und daneben so viel Verschiedenes begegnet.
Die wirkliche Frage bleibt doch immer,ob man sich in seiner Entscheidung von Gott getragen zu fühlen. Und der macht leider nicht die Himmelstüre auf und lässt den Engel herausspazieren, der uns sagt..
Seit dem Sündenfall, so lehrt uns die Bibel, sind wir verdammt die Verantwortung für unsere Taten selbst zu tragen, das kann auch Freiheit genannt werden.
Die Leichtigkeit dabei, wird sie uns in die Wiege gelegt oder liegt sie in der seligen Nichtreflexion oder im Gefühl des GetragenSeins ?
Ist es die Tat oder das Gefühl, das entscheidet ?
Viele Fragen. Nur Fragen .. ganz ohne Engel.
Oder vielen verschiedenen, was die Frage dann wieder genau so offen lässt wie zuvor.
Darum vielleicht am besten nur an dem Bild festhalten. Das Wunder dieses Lebens nimmt alle in sich auf, es fragt nicht, es ist.
Der Wolf rennt weiter, stellt die Frage essbar oder nicht, aber nicht in Frage.
..Rob