Statue der Hl. Brigida in Farfa |
Nach dem Gewaltmarsch gestern steht für heute eine ruhigere Etappe auf dem Programm; in der Nähe von Farfa Sabina will ich wieder ein Stück mit Kees gehen und plane die von ihm empfohlene Übernachtung in Fara (ohne zweites "f") in Sabina. Meine lebenswichtigen Wegmarkierungen gehen oben in Poggio San Lorenzo weiter, ich versuche es aber auf eigene Faust nach meiner Karte. Nach gut einem Kilometer ist der Weg allerdings versperrt und ich stehe nach einer halben Stunde wieder am See, meinem heutigen Ausgangspunkt bei Aesops Hotel. Mittlerweile hat der Angler-Kiosk geöffnet und die nächste freundliche Sabinerin namens Valentina erklärt mir hinter dem Tresen kompetent einen alternativen Weg nach Toffia, während sie mir nebenbei ein Pescatore-Frühstück zubereitet, das wohl jeden mürrischen Angler oder Pilger milde stimmt.
Der Weg nach Toffia führt malerisch an Hügelketten vorbei durch duftende Olivenhaine. So macht das Pilgerleben Spaß, nur die vorgerückte Stunde sät leichte Zweifel, ob es überhaupt möglich sein wird, vor der endlosen Siesta des Klosters nach Farfa zu gelangen. Trotz des Zeitdrucks lasse ich mir eine ausführliche Tour durch das wunderbar am Hügel angelehnte Toffia nicht nehmen, die eng aneinander geklebten Häuser vermitteln das Bild eines beschaulich-entspannten Zusammenlebens, auch wenn vor einer Tür zwei ältere Bewohnerinnen einen erbitterten Zwist austragen. Vielleicht habe ich doch ein etwas zu idealisierendes Bild des städtischen, dichtgedrängten Gemeinwesens. Jedenfalls verziehe ich mich lieber weiter Richtung Farfa, anstatt mich zur wachsenden Schar Schaulustiger zu gesellen, die wohl in Kürze Wetten über den Ausgangs des Disputs abschließen werden.
Farfa - im 11 Jhd Herrscherin über Mittelitalien |
Da wäre ich doch besser in Farfa geblieben - so langsam bricht die Dämmerung herein. Als mich auf dem Weg nach Montelibretti dann die Dunkelheit einholt, verlasse ich den Pilgerpfad, um an mehreren Stellen der Schnellstraße Autostop zu versuchen - ohne Erfolg. Dann beginnt es zu regnen, gottergeben wandere ich die letzten paar Kilometer begleitet vom Feierabendverkehr bis zu einer Tankstelle. Vom Handy aus erwische ich dort zum Glück Claudio, den von Kees angepriesenen Herrscher über das Regillo Village in Moricone. Er reagiert zwar nicht besonders begeistert, dass er seine Tochter zum Bergen des gestrandeten Pilgers losschicken muss (er selbst muss noch dringend weg), aber schließlich holt mich Francesca (wie passend) nach einigen Irrungen eine Stunde später von der AGIP-pompa ab. "You must be crazy, to walk this way by night and rain" erklärt sie mir zwischen zwei Telefonaten, sie ist zu geladen um zu spüren, wie dankbar ich ihr für ihre abendliche Heldentat bin. "That´s not so crazy as the things I´ve done before" (und denke dabei z.B. an die Durchquerung der Müllkippe von Fara, deren Geruch mir vermutlich noch immer anhaftet). Zum ersten Mal erkenne ich den Anflug eines Lächelns auf ihrem angespannten Gesicht. Den Rest der Fahrt verbringen wir schweigend, meinen Zwanziger für eine Stunde Herumfahren nimmt sie mit einem gnädigen Grazie! entgegen. Sie zeigt mir mein Zimmer und verschwindet sodann eilig.
Nach einer Pizza und einem Bier in einer der wenigen Bars genieße ich frisch geduscht mein sauberes Zimmer, das im Lichte von Aesops Absteige (trotz Angelica) geradezu feudal wirkt. Wenn es nach Kees ginge, könnte ich morgen den Zug nach Rom nehmen. Ich werde dort aber zu Fuß ankommen. Danke guter Holländer, meist hast Du mich treu geführt.
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