Franz und Wolf |
Im Hintergrund Gubbio |
Nach einer Runde um das Kircherl wende ich mich nach Südosten in die dichte Nebelsuppe hinein. Nach einer leichten Bachdurchquerung über freundlich drapierte Trittsteine geht es steil bergauf - was von innen wärmt und mich in sonnigere Regionen führt. Ein wunderbarer Augenblick, das noch nebelverhangene Tal bleibt zurück wie eine Szene aus "Lord of the rings", darüber der Apennin und weiter Blick bis zum Startort von heute. Früh am Vormittag erreiche ich Valdichiascio und beschließe nach kurzem Überlegen, die restliche Strecke bis Valfabricca heute noch anzupacken.
Kloster San Pietro, klare Strukturen, aber mit Nachwuchsproblem |
Meine Bedürfnisse sind aktuell weit trivialerer Natur - ich habe zu wenig Wasser dabei, der angekündigte Hahn in Ripe war nicht auffindbar, erst in San Pietro in Vigneta gibt es einen Picknickplatz mit frischem Wasser. Im Garten des von der Außenwelt abgeschotteten Klosters eine Szene von ganz eigenem Charme, eine Schwester sitzt meditierend im Garten. Laut Kees wird San Pietro nur noch von einem Mönch bewohnt, der wohl schon einer Betreuung bedarf.
Bis zum Castello di Biscina sind Schilder angebracht, die mir erst nicht erklärbar sind: Zone addestramento cani di tipo "c" bedeutet (wie sich später herausstellt), dass hier Hunde abgerichtet werden, also eine Art Jagdhundeschule (für die Pilgerhatz?). Die Zähmung des wilden Wolfs von Gubbio scheint hier einen ganzen Industriezweig auf den Weg gebracht zu haben.
Der Weg windet sich nun endlos um die diversen Berghänge herum, in Coccarano sind die Kohlehydratspeicher dann leer. Zum Glück ist noch immer ein Pecorinobrot von Davides Frau im Rucksack, das eine fürsorgliche Mutter einem Auswanderer als Proviant mitgeben würde. So gestärkt schaffe ich auch noch den Abstieg nach Barcaccio (wo Franz sich über den Chiascio setzen ließ - ich nehme die Brücke), von dort zieht es sich noch bis Valfabricca, wo ich im letzten Nachmittagslicht ankomme. Ohne groß Augen für den Ort zu haben, steuere ich im Endspurt auf die Jugendherberge zu. Ich werde gastfreundlich empfangen, das Zimmer ist bestens geheizt. Leider ein Dämpfer von Robert - er hat sich entschlossen, meine Reise aus der Ferne zu begleiten, er wird nicht nach Rieti kommen.
Beim Abendessen (alleine mal wieder) sinniere ich über die Kommentare von Rob und Ka. Heute war unterwegs kein meditativer Gedanke zu hören, außer während der kurzen Rast in Ripe - zu sehr war ich mit Navigation und fast sportlichem Ehrgeiz beschäftigt. Die nächsten Tage werde ich ruhiger angehen lassen, mir mehr Zeit geben.
Lieber Adam,
AntwortenLöschenGrenzen spüren - das ist eine essentielle Erfahrung, die mich erkennen
lässt, wie weit ich gehen kann - bei meinen Mitmenschen genau so wie bei mir selbst...
All zu oft vermischen sich allerdings die inneren und äußeren Grenzen. Wo höre ich auf, wo fängst du an? Was gehört zu mir, was gehört zu dir? Diese Unterscheidung ist oft gar nicht so leicht und erfordert viel Hinschauen, Hinhören, Hinspüren.
Vielleicht beinhaltet die Antwort auf das Rätsel der Motivation für deine Extremtouren neben dem Leistungsgedanken ja auch eine Tendenz zur unbewussten Angst und Flucht vor dem, was da in der meditativen Stille des Weges von deiner inneren Stimme zu Wort kommen könnte?
Ich wünsche dir von ganzem Herzen die Kraft und den Mut, deine nächsten Tage und Schritte mit viel Ruhe und Zeit anzugehen - zum Innehalten, Durchatmen und Bewusstwerden dessen, was da in dir ist...
er war hin und her gerissen
er verbrachte seine tage in nervöser unruhe, getrieben von etwas ohne namen
unsicher tat er schritte
unfähig geworden, sich selbst glauben schenken zu dürfen
fremde, in ihn hineingedrückte stimmen übertönten seine innere stimme
lange schon
zu lange schon, um das fremde vom eigenen noch unterscheiden zu können
er erkannte - die einflüsterungen der anderen übertönten die eigene stille
er ging fort
blieb allein
schirmte sich ab
in der ruhe lernte er zu unterscheiden
er trennte die gedankengaukeleien des fremden vom eigenen
trennte das aussen vom innen
in der ruhe kam ein gespür auf
er spürte sich selbst und das, was das seine war
zurückgekehrt entschied er selbständig
Herzliche Grüße und eine liebevolle Umarmung, Ka
Lieber Adam,
AntwortenLöschenZunächst.. sieh es doch nicht als Dämpfer, sondern als Erweiterung, wenn ich dich nicht als Person sondern als virtueller Geist begleite. Sicher,die Entscheidung ist von meinen persönlichen Umständen getragen, doch ich sehe hier auch eine interessante Erweiterung. Wie ich Dir schon im letzten Blog gesagt habe, bin ich somit frei von den irdischen Umständen. Kann deinen inneren Gedanken folgen, mich als Wolf auf deine Spur setzten und dem Wolf in Dir ein Gegenüber sein.
Wie Ka so schön recherchiert hat steht der Wolf für unseren spirituellen Begleiter, wohlgemerkt dein Wolf für deinen,
Meiner.. wie groß, schlau oder urtriebig wie auch immer, für meinen..
Nun, ich kann dem Meinen hier Raum geben seine Sicht zum Besten zu geben, ob dein Wolf, oder sollte ich besser sagen dein Wunsch dir zu begegnen, in Dir dadurch Resonanz findet ist offen.
Du, der nun die Kraft hat sich auch körperlich den Strapazen dieses Weges zu stellen, da sogar noch Spass dran findet (ein bisschen spüre ich den Neid in mir, doch..) kann sich wohlig mit seiner irdischen Kraft verbinden, sich sehen und getragen fühlen von dieser und der wunderbaren Landschaft. Gleichzeitig begleitet dich dein Thema und ich kann es als eine schöne Fügung sehen, dass der gute Franz dir hier diesen Wolf als Bild mitgibt.
Was auch immer Du, die Gesellschaft oder die Kirche (und Alle sind hier miteinander verbunden) daraus machen, hast Du jetzt in diesen Tagen die Möglichkeit dieses Thema lebendig durch dein Leben zu tragen. Mag sein, dir kommt am Ende des Tages der Gedanke, du habest nicht gedacht, doch vielleicht ist gerade dieses Nicht der Weg. (und ich versuche mein Nicht dabei auch anzunehmen).
Ich bin mir sicher, dass wir der Intelligenz unseres Körpers auch ein wenig vertrauen dürfen und Du mußt jetzt erst einmal laufen.. und sehen.
Der Meditation, dieser Sicht auf den Kern deines Handelns oder Seins wird doch immer nachgesagt, dass sie die Leere als äussere Form hat. Diese Leere bewusst zuzulassen ist wohl die höchste aller Künste. Einfacher ist mit Hilfe der beständigen Wiederholung in die Leere zu kommen.. Das Mantra.. Doch am Anfang muß auch dieses gelernt werden. Wem erzähle ich das? Du lernst gerade das Laufen. Und das Echo deines Thema wiederholt sich beständig am Wegesrand.
Ich finde das ist ein schönes Bild.
Selbstverständlich hat Du, Ka, recht, da ist auch die Gefahr, die Gratwanderung des Davon-laufens, doch Adam ich bin mir sicher, wenn Du die Augen öffnest für das, was hinter den Dingen liegt, die Dir begegnen, dann wirst Du sehen..
Mein Wolf läuft mit deinem, ich freue mich, dass wir auf dem Weg sind, die Nasen sind dicht über dem Boden, es ist gut zu wissen, wo es etwas zu fressen gibt und wir Zeit haben die Gedanken : Seelen fliegen zu lassen.
..Rob
(großes PS Dir Ka.. unbekannterweise Dir hier auch einen Gruß, scheint mir Du fürchtest ein wenig um Adam. Gut, dass Du hier mit fundierter Recherche uns Hintergründe zeigst und durch Hinweise auf mögliche Gefahren Boden gibst, doch, die Stärke des Wolfes liegt in seinem vielfältigen Instinkt. Er nutzt die Kraft der Gemeinschaft, muß aber lernen auch autonom zu überleben, selbst wenn er sich dabei eine blutige Nase holt oder zu Tode strampelt.
Wenn er es schafft kann er eines Nachts sich wahrhaftig mit dem Mond verbinden.