Gegen Morgen gewinnen die Geräusche aus Claudios B&B langsam die Oberhand über den steten Gedankenstrom des nächtlichen Umherwälzens. Francescas Unterhaltung mit einer anderen Frauenstimme wird untermalt von den Stimmen eines Paares, das im Zimmer nebenan lebhaft diskutiert, immer wieder vom schweizerischen ins italienische wechselnd. Auch dort scheint es darum zu gehen, welche Schritte als nächste anstehen.
Meine sind an diesem Morgen schon fast automatisiert, pilgerfein machen, Zaino packen und Karten wälzen am Frühstückstisch. Claudio rät mir, den Weg Richtung Montelibretti auf keinen Fall zu Fuß zu gehen (offenbar hat ihn Francesca vor meinen Hauptstraßen-Wanderungen gewarnt) - er will mich auf einer kleiner Landstraße absetzen, die mich problemlos nach Monterotondo führt, der letzten Station vor Rom. Das schweizerisch-italienische Paar leistet mir Gesellschaft, die beiden leben auf Sardinien und schauen sich gerade nach einem Olivengarten in der Gegend um, sie legen großen Wert auf ihre Ernährung, gutes Öl aus Lazio spielt dabei eine große Rolle. Ich denke gleich an den Rat meines Steuerberaters, diese Idee würde ihm bestimmt gefallen. Doch ich bin noch kein Gärtner, Ungeduld ist dafür keine passende Wesensart.
Auf dem Weg nach Osteria di Moricone |
Claudio versorgt mich an diesem Morgen auch mit einem Timbro, danach lässt er es sich nicht nehmen, mir stolz seinen Garten außerhalb von Moricone zu zeigen, ein Juwel, denn neben wunderbar duftenden Orangenbäumen bewacht ein altes Signalhaus aus der Römerzeit das Grundstück. An erhabenen Punkten der Landschaft dienten Häuser wie seines sozusagen als WLAN-Repeater der Antike und transportierten Nachrichten aus Rom heraus und wieder dorthin zurück. Der Blick über die sabinischen Felder und Hügel verbindet sich mit wunderbaren Düften und sanftem Rauschen des Windes zu einer wunderbaren Mischung, die mir ein "bleib doch ein paar Tage, Pellegrino" zuflüstert. Doch ich bin zu nahe am Ziel - obwohl mir Claudio mit seiner Machernatur in den wenigen Stunden fast ans Herz gewachsen ist, verabschiede ich mich schnell und mache mich auf den von ihm vorgeschlagenen Weg. An diesem sonnigen Morgen wandere ich durch eine Gegend, die schon den alten Römern lieb gewesen ist, Pfirsich- und Olivenbäume begleiten mich über die sanften Hügelketten, die sehnsüchtige erste Blicke auf das große Ziel der Reise gewähren.
Römischer Signalturm größtenteils recycled |
Dazu immer wieder alte römische Bauwerke, viele bei weitem nicht in solch gutem Zustand wie Claudios liebevoll bewahrtes Signalhaus. Bald treffe ich wieder auf die blau-gelben Wegweiser der Via di Roma, sehr beruhigend für meine arg strapazierte Pilgerseele. Gut für das innere Kind erweist sich auch das Zusammentreffen mit einer Gruppe von Joggern, die mich fast schon mit Ehrfurcht betrachten, als ich von der zurückgelegten Route erzähle. Mir fällt auf, wie aufmerksam mich der mitlaufende Labrador beim Warten betrachtet, eine ganz andere Hundeerfahrung als die Wochen zuvor.
Bereits am frühen Nachmittag laufe ich in Monterotondo ein, wo ich mir via HRS mobil gleich ein Zimmer im "Le petit Hotel" besorge. Die Stadt macht einen fast wuseligen Eindruck, die nahe Großstadt wirkt schon bis hierher. Nach dem ruhigen Tag inmitten idyllischer Natur geht mir der Trubel schnell auf die Nerven. Auch der Pfarrer erweist sich nach der Abendmesse als reichlich mürrisch, er ist kaum bereit, mir das credenziale zu stempeln, leider verstehe ich sein italienisch kaum und weiß bis heute nicht, womit er ein solches Problem hatte. Besser klappt die Verständigung in der Osteria nahe des Hotels, endlich gibt´s wieder einmal "römische" Bucatini all´Amatriciana, mit dem richtigen Speck (Guanciale) zubereitet. Der Malvasia del Lazio passt herrlich dazu, ebenso der Tomatensalat, angeblich sogar aus Marzano-Tomaten (was ich um diese Jahreszeit ins Reich der Fabel weise).
Wie geht´s morgen weiter? Der auf der Karte markierte Pilgerweg geht die Via Mentana entlang, Alternativen sind nicht zu sehen. Nach Rom sind es circa 30 Kilometer, mitten durch dicht befahrenes Gebiet - wenn ich mir Kees, Claudio und Lucas zu Herzen nehme, kein Spaß da zu gehen. Aber in mir sträubt sich alles, nach fast 450 Kilometern die letzte Meile mit dem Bus zu fahren - es ist beschlossen, ich lege den Weg zum Lateran (Franziskus´ Ziel auf seiner Reise) und zum Grab von Petrus (Katholikenziel) zu Fuß zurück. Domani!
Zum Werkzeug deines Friedens mache mich
Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens.
Wo Hass herrscht, lass mich Liebe entfachen.
Wo Beleidigung herrscht, lass mich Vergebung entfachen.
Wo Zerstrittenheit herrscht, lass mich Einigkeit entfachen.
Wo Irrtum herrscht, lass mich Wahrheit entfachen.
Wo Zweifel herrscht, lass mich Glauben entfachen.
Wo Verzweiflung herrscht, lass mich Hoffnung entfachen.
Wo Finsternis herrscht, lass mich Dein Licht entfachen.
Wo Kummer herrscht, lass mich Freude entfachen.
Wo Hass herrscht, lass mich Liebe entfachen.
Wo Beleidigung herrscht, lass mich Vergebung entfachen.
Wo Zerstrittenheit herrscht, lass mich Einigkeit entfachen.
Wo Irrtum herrscht, lass mich Wahrheit entfachen.
Wo Zweifel herrscht, lass mich Glauben entfachen.
Wo Verzweiflung herrscht, lass mich Hoffnung entfachen.
Wo Finsternis herrscht, lass mich Dein Licht entfachen.
Wo Kummer herrscht, lass mich Freude entfachen.
O Herr, lass mich trachten:
nicht nur, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste,
nicht nur, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe,
nicht nur, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe,
denn wer gibt, der empfängt,
wer sich selbst vergisst, der findet,
wer verzeiht, dem wird verziehen,
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
nicht nur, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste,
nicht nur, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe,
nicht nur, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe,
denn wer gibt, der empfängt,
wer sich selbst vergisst, der findet,
wer verzeiht, dem wird verziehen,
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Lieber Adam,
AntwortenLöschenKurz vor Rom, die Strassen ringsum werden lauter und die Stimmen hinter dir stiller. Ich lese deine Texte und denke mir.. Ja, er kommt an. In Rom. Die Stadt, die Menschen und Geschichten werden ihn aufnehmen.. Und ? Nichts.
Irgendwie ist da eine Stille. Ein Schritt folgt auf den Anderen. Gut.. da ist wieder ein Hund, ein Wirt und ein Signalturm, doch irgendwie ist dazwischen Stille.
Trotz des Trubels ringsum, trotz der schlaflosen Nachtstunden.
Ich kann Dir nicht sagen ob es wirklich deines ist oder meines.
Mein eigener Rückzug, mein Bedürfnis nach Ruhe, wenn das Aussen viel wird, zu viel.
Ich merke, dass die Nebentexte mich mehr anziehen als der wirkliche Weg.
Und den Frieden, den ich mir auch wünsche, will ich nicht einmal weitergeben, nur still bei mir haben. Doch, wir haben verschiede Rollen.
Du bist der Läufer, ich warte.. geduldig, oder ist es schon Erstarrung ?
Laß Dich nicht aufhalten, dein Ziel ist nah und das innere Sehnen stark.
..Rob
Lieber Adam,
AntwortenLöschenkurz vor deinem Ziel, finde ich mich wieder in deine Reise ein.
Ob dein Pilgern, meine Innere Stimme, oder was auch immer, mir einen Rückzug verordnet hat, wer weiß das schon.
Wenn ich in deinen Reiseerzählungen lese, den Kommentaren von Ka und Rob folge, komme ich unweigerlich zu meinen eigenen Themen, tauchen Situationen aus der Vergangenheit auf,
werden mir Glaubenssätze bewusst und ich hätte große Lust mich zurückzuziehen, auf eine Reise zu gehen, alles hinter mir zu lassen, und wahrscheinlich würde ich all die Themen, Glaubenssätze, Vergangenheit mitnehmen. Und dafür brauche ich gar niergens hin.
Das alles finde ich in mir, egal , wo ich bin. Das zeigt mir deine Reise.
Und trotzdem ist es manchmal wichtig Abstand zu nehmen, Verurteilungen und Unverständnis zu kassieren, Hürden zu überbrücken, um sich lebendig zu fühlen, seinen Träumen Gestalt zu geben.
Ja , laufe per pedes ein in Rom, die Würde des Pilgers...finde ich gut.
Möge jeder Meter dir Freude, Mühe, Lachen, Grummeln, und noch vieles mehr, beschehren.
An deinem Ziel warten, zumindest imaginär deine Freunde und sicher auch deine Familie.
Und vielleicht auch ein Gefühl, der Zu-Frieden-Heit auf dich. Oder auch was anderes...
Halleluja....Mecki
kann man wirklich sehen die Spuren des römischen Reiches gibt
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